Diese Woche von Prof. Dr. Joachim Jahn
27. April 2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
der Tod der amerikanischen Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg hat auch unter deutschen Juristen Bestürzung ausgelöst. In den USA hat er zu einer zusätzlichen Polarisierung im Wahlkampf um das Präsidentenamt geführt. Doch hierzulande werden auch Erinnerungen an Diskussionen um die Rolle des BVerfG in stürmischen Zeiten wach.
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Am Supreme Court in Washington stehen die einzelnen Richterpersönlichkeiten seit jeher in größerem Interesse als die Karlsruher Verfassungshüter. Sicher – auch in Deutschland verfolgt keineswegs nur eine Fachöffentlichkeit, wer am BVerfG auf einen Richterstuhl nachrückt. Zumal oft längeres Geschachere zwischen den politischen Parteien vorausgeht. Und die Amtsinhaber selbst keineswegs scheu darin sind, auf Tagungen, in Aufsätzen und in Medien ihre Einschätzungen kundzutun. Doch eine solche Verehrung, wie sie in diesen Tagen der Verstorbenen zuteil wird, wäre in der badischen Residenz des Rechts ebenso undenkbar wie in der Bundeshauptstadt Berlin. Wobei „RBG“, wie zumindest ihre zahlreichen Fans sie liebevoll nannten, mit ihrer ganzen Vita natürlich auch in den USA einen Sonderstatus hatte.
 
Dass der dortige Präsident Trump ebenso wie die mit seinen Republikanern wetteifernden Demokraten die Neubesetzung – und vor allem deren Termin vor oder nach den November-Wahlen zum Weißen Haus – als hochgradiges Politikum behandeln, erstaunt angesichts der Machtfülle des Supreme Court nicht. Zumal derzeit die Mehrheitsverhältnisse zwischen konservativem und linksliberalen Flügel fragil sind. Und die Amtsinhaber – wie nicht zuletzt der Tod der 87 Jahre alt gewordenen Ruth Bader Ginsburg zeigt – ihre Position bis ans Lebensende ausüben können. Präsidenten können so durch ihren Einfluss auf die Personalien auf lange Jahre Weichen stellen, die der Politik ihrer Nachfolger Grenzen setzen.
 
Das erinnert freilich an Gefahren, die in letzter Zeit auch mit Blick auf das BVerfG diskutiert wurden. Angesichts rechtspopulistischer Strömungen gab es Vorschläge, dessen Arbeitsbedingungen stärker im Grundgesetz zu verankern – etwa was Mehrheitserfordernisse für die Wahl der Richter und die Länge ihrer Amtszeit angeht. Denn bislang ist dies nur einfachgesetzlich im BVerfGG geregelt. Das gilt auch für die Größe der Senate. Wie wichtig es sein kann, diese verfassungsfest zu regeln, zeigt sich aktuell an Überlegungen der (überwiegend oppositionellen) Demokraten in den USA, im Fall einer eigenen Mehrheit durch Entsendung zusätzlicher Richter („court packing“) die Machtverhältnisse am „SCOTUS“ umzudrehen.
 
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Mit spätsommerlichen Grüßen zum offiziellen Herbstanfang
 
Ihr

Prof. Dr. Joachim Jahn, Mitglied der Schriftleitung
NJW Aktuell
Im Strafverfahren gilt der Grundsatz der Waffengleichheit von Ankläger und Beschuldigtem. Der kann auf vielfältige Weise verletzt werden – etwa durch die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft, wie der VGH München jüngst festgestellt hat. Wir haben uns mit dem Hamburger Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dr. Till Dunckel über die Öffentlichkeitsarbeit der Justiz unterhalten.
 
„In Moria ist der Zugang zum Recht verbrannt“, schreibt Dr. Cord Brügmann in unserer Rubrik „Standpunkt“ zu der Situation von Asylsuchenden auf der griechischen Insel Lesbos. Der Hauptgeschäftsführer des DAV muss es wissen: Er hat die „European Lawyers in Lesvos“ mit aufgebaut.
 
Unlängst hat der BGH über die Zulässigkeit einer durch Software generierten Darstellung von Kunden-Bewertungen eines Internet-Bewertungsportals entschieden. Mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz wird diese Praxis noch zunehmen. Prof. Dr. Raphael Koch und Christine Biggen kommen in unserem Eröffnungsaufsatz zu dem Schluss: Die hergebrachte Rechtsprechung zur Kenntnisnahme im Rahmen von § 10 TMG kann auf KI-Systeme übertragen werden.
 
In Reaktion auf die Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber eine befristete Sonderregelung zur Stundung der Ansprüche von Darlehensgebern auf Rückzahlung, Zinsen und Tilgung geschaffen. Rechtsanwalt Oliver Bohner untersucht, ob dies Auswirkungen auf deren Zinsansprüche für die verlängerte Vertragslaufzeit hat.
 
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Der Gesetzgeber darf das „Containern“ – also das Herausfischen von noch nicht verdorbenen Lebensmitteln aus Abfalltonnen von Supermärkten – als strafbaren Diebstahl behandeln. Wir dokumentieren diese vielbeachtete Entscheidung des BVerfG. Prof. Dr. Elisa Hoven befindet in ihrer zustimmenden Anmerkung: „Es kann gute Gründe dafür geben, dass der Eigentümer seine Sachen allein durch ein Entsorgungsunternehmen beseitigt sehen möchte.“ Doch könne die Politik etwa über eine Verpflichtung zur Abgabe abgelaufener Lebensmittel an karitative Einrichtungen nachdenken.
 
„Die von der Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten erfasste freiberufliche ,Tätigkeit als Rechtsanwalt’ meint allein die von unabhängiger Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten geprägte ,klassische’ Tätigkeit (...).“ So judizierte der BGH im Fall eines Anwalts, der als Treuhänder tätig geworden war. Rechtsanwalt und Notar Dr. Marcus Rolfes rät daher in seinem Kommentar: Im Zweifel sollten Anwälte vorab mit ihrer Assekuranz klären, ob sie einen Auftrag gesondert versichern müssen.
 
Im Strafrecht geht es diesmal unter anderem am BGH um tätige Reue nach einer Brandstiftung. Das BVerwG befasst sich mit der Begrenzung des Tattagprinzips durch ein absolutes Verwertungsverbot, das BAG mit der Zurückweisung einer Kündigung mangels Vorlage der Einwilligung des Berechtigten und das BSG mit der rückwirkenden Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Syndizi.
 
Das komplette Inhaltsverzeichnis der Ausgabe
 
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