Tarifentgelt für Azubi, der nicht ausgebildet wird

Ein Auszubildender, der tatsächlich nicht ausgebildet, sondern vom Arbeitgeber wie ein ungelernter Arbeitnehmer eingesetzt wird, hat Anspruch auf die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers. Dies hat das Arbeitsgericht Bonn mit Urteil vom 08.07.2021 entschieden. Denn der Azubi erbringe dann Leistungen, zu denen er auf der Grundlage seines Ausbildungsvertrages nicht verpflichtet sei.

Betrieb setzte Lehrling als ungelernten Arbeitnehmer ein

Die Parteien schlossen mit Wirkung zum 01.09.2020 einen Ausbildungsvertrag zum Gebäudereiniger ab. Sie vereinbarten eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 775 Euro brutto. Der Arbeitgeber meldete jedoch weder das Ausbildungsverhältnis bei der Gebäudereiniger-Innung noch den Kläger bei der Berufsschule an. Er erstellte auch keinen Ausbildungsplan für den Kläger. Es erfolgte nach den Angaben des Klägers lediglich eine einmalige Einweisung in seine Tätigkeit durch einen Arbeitskollegen. Sodann wurde der Kläger mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden als Reinigungskraft eingesetzt und erhielt hierfür die vereinbarte Ausbildungsvergütung. Der Kläger machte eine tarifliche Bezahlung gerichtlich geltend.

ArbG: Tätigkeiten waren nicht vom Ausbildungsvertrag umfasst

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dem Kläger für die von ihm geleistete Arbeitszeit einen Anspruch auf das Tarifentgelt eines ungelernten Arbeiters zugesprochen. Dem Kläger stehe in entsprechender Anwendung von § 612 BGB ein Anspruch auf die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers zu, da er in Wirklichkeit nach Art und Umfang seiner Arbeit wie eine ungelernte Kraft beschäftigt wurde. Ein Auszubildender, der als Arbeitnehmer eingesetzt werde, ohne ausgebildet zu werden, erbringe Leistungen, zu denen er auf der Grundlage seines Ausbildungsvertrages nicht verpflichtet sei.

Anspruch auf übliche Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers

Damit seien die von dem Auszubildenden erbrachten Leistungen nicht durch die Zahlung seiner Ausbildungsvergütung abgegolten, sondern in entsprechender Anwendung von § 612 BGB in Höhe der üblichen Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers zu bezahlen. Da der Kläger als ungelernte Kraft in der Gebäudereinigung beschäftigt worden sei, habe er Anspruch auf die tarifliche Vergütung nach der Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung.

ArbG Bonn, Urteil vom 08.07.2021 - 1 Ca 308/21

Redaktion beck-aktuell, 2. September 2021.